Die Holzblöcke da im Regal sehen aber auch ganz schön alt aus.
Sind sie auch, manche werden schon seit über 350 Jahren eingesetzt. Das sind Modeln, die sind aus Buchsbaum oder Birnbaum. Muss man sich ähnlich wie Stempel vorstellen. Auf der einen Seite sehen sie aus wie normale Holzstücke, aber wenn man sie umdreht ...
Oh!
... sind da fein geschnitzte Muster im Holz. Sieht toll aus, oder? Die Modeln funktionieren genau wie Druckstöcke beim Holzschnitt. Nur entstehen beim Blaudruck eben keine Bilder zum Aufhängen, sondern Muster auf Stoffen.
Von diesen Modeln haben Sie aber ganz schön viele …
Etwa 600 sind es. Die meisten habe ich von meinem Vorgänger übernommen, als ich vor drei Jahren als Blaudruckerin angefangen habe.
Das wollte ich Sie sowieso gleich fragen, bevor wir zum Handwerk selbst kommen: Wie wird man denn Blaudruckerin?
Eigentlich bin ich gelernte Schneiderin und Designerin. Für meine Abschlussarbeit musste ich eine eigene Kollektion entwerfen. Da hab ich nach Handwerken geschaut, die man da mit einbinden könnte – und da hab ich den Blaudruck entdeckt. Ich war sofort Feuer und Flamme! Und dann hat der Besitzer der Werkstatt hier erzählt, dass er seit Jahren erfolglos einen Nachfolger sucht. Ich habe eine Zeitlang überlegt – und dann hatte er eine Nachfolgerin. Seinen Mitarbeiter habe ich natürlich übernommen.
Der Blaudruck stammt ursprünglich aus Indien, dort wächst die Indigo-Pflanze, aus der die blaue Farbe gewonnen wird. Schiffe der Niederländischen Ost-Indien-Kompagnie brachten Farbe und Technik im 17. Jahrhundert nach Europa; von Amsterdam breitete sich der Blaudruck schnell über den Kontinent aus. Bald gab es in jeder Stadt eine Blaudruckerei. Mit der Industrialisierung verschwand die Handwerkskunst dann nach und nach.
Sie retten mit Ihrem Beruf ein Stück Handwerksgeschichte in die Gegenwart, oder?
Ja, das kann man so sagen. Wir bewahren ein Kulturgut vor dem Vergessen. Im Prinzip arbeiten wir hier immer noch wie ein Blaudrucker vor 400 Jahren. Wir verwenden immer noch Indigo, wir drucken mit den alten Modeln immer noch die traditionellen Muster, das komplette Verfahren ist in all der Zeit unverändert geblieben. Das ist nicht überall so. Unter den wenigen Blaudruckereien, die noch existieren, sind auch welche, die mittlerweile Hoppelhäschen-Motive drucken oder synthetische Farbstoffe verwenden. Wir bleiben hier lieber beim Original.